Vom Beamtendeutsch zum menschlichen Verstehen

Wenn die Verwaltungssprache zum Stolperstein wird

Im öffentlichen Dienst sehen sich die Mitarbeiter*innen täglich mit vielen Anforderungen konfrontiert. Oft drehen sich diese um vermeintlich unverständliche Gebühren oder komplexe Antragsverfahren. Die Bürger fühlen sich schnell benachteiligt oder missverstanden.

Seminar für Mitarbeiter der Verwaltung, VWA LeipzigWas hierzulande als forsch oder überzogen gilt, kann andernorts eine übliche Ausdrucksform von Sorge oder Ärger sein. Hinzu kommt die sprachliche Herausforderung: Oft ist eine Übersetzung von der Verwaltungssprache in die Alltagssprache erforderlich.

Der „Deutsch-Deutsch-Übersetzer“

Die klare und verbindliche Sprache des Beamtendeutschs ist aus juristischer Sicht zwar notwendig, kann für Menschen aus anderen Kulturkreisen jedoch eine unüberwindbare Hürde darstellen. Daraus ergibt sich eine wichtige Anforderung an die moderne Verwaltung: Sie muss eine Brücke zwischen Beamtendeutsch und verständlichen Worten schlagen.

Wir alle kennen Sätze, die wie ein undurchdringliches Sprachgewirr wirken. Die Lösung sind einfache Worte und verständliche Erklärungen.

Beamtendeutsch Übersetzung
„Der Antrag ist form- und fristgerecht unter Beifügung der erforderlichen Unterlagen im zuständigen Dezernat einzureichen.“ Sie müssen den Antrag korrekt, rechtzeitig und mit allen nötigen Papieren bei der zuständigen Abteilung abgeben.
„Nach erfolgter positiver Bescheidung wird der Gebührenbescheid postalisch zugestellt.“ Sobald Ihr Antrag genehmigt wurde, erhalten Sie den Brief mit der Zahlungsaufforderung per Post.
„Vorbehaltlich der vollständigen Entrichtung der festgesetzten Gebühr wird die abschließende Bearbeitung nicht vorgenommen.“ Die abschließende Bearbeitung Ihres Falles erfolgt erst, nachdem die gesamte verlangte Gebühr bezahlt wurde.
„Wir bitten, von einer persönlichen Vorsprache ohne vorherige Terminvereinbarung zur Antragsstellung abzusehen.“ Wir bitten Sie, zur Antragsstellung keinen persönlichen Termin ohne vorherige Vereinbarung wahrzunehmen.
„Etwaige Rückfragen sind unter Angabe des Aktenzeichens an die sachbearbeitende Stelle zu richten.“ Fragen zu Ihrem Vorgang müssen Sie unter Nennung Ihrer Fallnummer der zuständigen Person oder Abteilung mitteilen.

Es ist wichtig, sich nicht nur auf den Sachverhalt, also das, was gesagt wird, zu konzentrieren, sondern auch auf die Emotion, also wie etwas gesagt wird.

Die eigene innere Haltung

Um die eigene innere Haltung zu erkennen, kann das Bennett-Modell zur interkulturellen Sensitivität als ein wichtiges Werkzeug. Ich setze es   auch in Seminaren, beispielsweise an der VWA Leipzig, ein.

Es zeigt auf, ob wir unsere eigene Kultur unbewusst als alleinigen Maßstab sehen (Ethnozentrismus) oder ob wir andere Sichtweisen als gleichwertig anerkennen (Ethnorelativismus).

Erst wenn wir Unterschiede nicht als „falsch” ablehnen, sondern als „normal” für eine andere Kultur akzeptieren, können wir wirklich Brücken bauen – auch sprachlich.

Vier Schritte zur erfolgreichen Beschwerdeklärung

Die interkulturelle Klärung von Beschwerden erfordert mehr als nur das Abarbeiten von Akten. Sie erfordert Fingerspitzengefühl und einen freundlichen Umgang.

1. Hören Sie richtig zu und zeigen Sie Empathie.

Es ist entscheidend, die Gefühle Ihres Gegenübers zu erkennen, bevor der Sachverhalt geklärt wird. Die Anerkennung der Gefühle baut Vertrauen auf.

2. Erklären Sie den Ablauf oder Verlauf und schaffen Sie Klarheit.

Frustration entsteht oft durch Unkenntnis unserer Verwaltungsprozesse. Wenn Sie jeden Schritt erläutern, nehmen Sie Unsicherheiten und schaffen Klarheit.

3. Sorgen Sie für einen respektvollen Umgang.

Behörden besitzen formal Macht. Nutzen Sie deshalb eine freundliche und klare Kommunikation, um eine gemeinsame Basis zu schaffen und Ängste zu nehmen.

4.Erklären Sie die Ergebnisse und erläutern Sie die Konsequenzen.

Durch nachvollziehbare Zusammenfassungen und Erläuterungen gelingt es Ihnen, ein gegenseitiges Verständnis zu erreichen. Erklären und erläutern Sie in einfachen Worten.

Fazit: Interkulturelle Kompetenz ist ein moderner Mehrwert

Interkulturelle Anliegen sind zwar zeit- und geduldsintensiv, aber unerlässlich. Sie erfordern die Beachtung kultureller Unterschiede sowie eine stetige Selbstreflexion der eigenen Haltung. Nur so lassen sich auch Beschwerden effektiver lösen. Dies führt zu einer höheren Zufriedenheit der Bürger*innen, entlastet die Mitarbeitenden und stärkt das Vertrauen in die moderne, bürgernahe Verwaltung.

Möchten Sie und Ihr Team diese Kompetenzen praxisnah vertiefen?

Mein Buch „Von fremd zu bekannt – Aufbau interkultureller Kompetenz in der Verwaltung” bietet Ihnen detaillierte Anleitungen, wie Sie die Hürden der interkulturellen Kommunikation im Verwaltungsalltag überwinden können. Link zum Buch

Weiterbildung: Profitieren Sie von der Erfahrung aus meinen Seminaren für Verwaltungspersonal, z. B. bei der VWA in Leipzig. Unterstützen Sie Ihr Team. AngeboteSeminar für Mitarbeiter der Verwaltung, VWA Leipzig

Vom Beamtendeutsch zum menschlichen Verstehen

Beate Antonie Tröster

Als Kulturwissenschaftlerin und zertifizierte Interkulturelle Trainerin weiß ich, dass Kulturunterschiede Mauern errichten können und erkenne, wie das gegenseitige Verständnis dahinter oder davor verschwindet. Auf beiden Seiten herrschen merkwürdige Vorstellungen, unwirkliche Vermutungen, unerfüllbare Erwartungen und falsche Hoffnungen. Genau diese Steine räume ich mit Ihnen aus den Weg, reiße die Mauer ein, denn so entwickeln sich gegenseitiger Respekt, Toleranz und ungeahnte Gemeinsamkeiten, die Sie zu neuen Dimensionen führen..

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